Wie gelingen Beziehungen?

Das Gelingen zwischenmenschlicher Beziehungen hängt entscheidend mit dem eigenen Umgang mit Kränkungen und seelischen Verletzungen zusammen. Daher sind diese Themen und deren Verarbeitung in meiner Praxis ein großer Bestandteil der Psychotherapie. Unsere Konflikt- und Kränkungsfähigkeit haben ihren Ursprung auch in der eigenen Geschichte. In ihr liegt ein Schlüssel zu gesunden und erfüllten Beziehungen.

Bei zwischenmenschlichen Konflikten geht es im Kern selten um Sachthemen und nicht nur um miteinander kollidierende Werte oder verschiedene Erwartungen. Sondern häufig sind es die gegenseitigen Projektionen, die Probleme in Beziehungen verursachen.
Als Projektion bezeichnet man in der psychologischen Fachsprache das Phänomen, negative Verhaltensweisen und Gefühle auf sein Gegenüber zu übertragen. Diese stehen ursprünglich in Verbindung mit Erfahrungen, die wir früher mit unseren Bezugspersonen (z.B. Eltern, Geschwistern, Verwandten) gemacht haben. Oder die Projektionen stehen im Zusammenhang mit eigenen Gefühlen und Verhaltensformen, die wir bei uns selbst abwerten.
Insgesamt sind Projektionen ein Abwehrmechanismus der Psyche, um eigene negative Gefühle nicht spüren und persönliche ungute Verhaltensweisen nicht sehen zu müssen.

Wir alle tragen Persönlichkeitsanteile in uns, die wir verbergen wollen. Zum Beispiel unsere Ängste, Aggressionen sowie Gefühle der Unzulänglichkeit. Vielleicht auch unsere Empfindsamkeit, Bedürftigkeit, Neid oder Eifersucht. In dem wir diese Eigenschaften ablehnen oder sogar abspalten, schönen wir unser Leben.
Die Verdrängung der unschönen Facetten unserer Persönlichkeit ist in Beziehungen unter Paaren, Freunden, insbesondere auch in Familien zwischen Eltern und Kindern oder Geschwistern jedoch hinderlich. Denn sie kann zu endlosen Konflikten, Auseinandersetzungen und emotionalen Kämpfen führen. Manche Themen werden dann oft durch Belanglosigkeiten immer wieder neu entfacht. Siehe dazu die Spirale der Kränkung und Verletzung.

Für gelingende Partnerschaften ist es daher nötig, sich selbst die Frage zu stellen, was das eigene Denken, Fühlen und Handeln bestimmt. Worum geht es wirklich?
Unser Umgang mit Kränkungen in Beziehungen ist im Wesentlichen bestimmt durch unser Selbstwertgefühl und den damit verbundenen seelischen Verletzungen, die wir vor allem in der Kindheit und Jugend mit unseren Bezugspersonen erfahren haben. Damals gemachte Erfahrungen projizieren wir im weiteren Lebensverlauf auf unsere Mitmenschen. Das passiert unbewusst, so lange wir uns über unsere verdrängten und abgespaltenen Anteile nicht im Klaren sind und deren Hauptursachen verarbeitet haben.
Ausführliches zu den Anzeichen, Ursachen und Folgen lesen Sie auf der Seite Selbstwertgefühl.

In vielen Fällen geht es in Beziehungsblockaden darüber hinaus nicht selten um zwei spezifische Ängste: Die Angst vor Liebesentzug und die Angst vor der Selbstaufgabe. Bei beiden Angstformen handelt es sich um Urängste, die jeder Mensch in gewissem Maß in sich trägt, die aber auch durch gemachte Erfahrungen verschärft werden können. Die Ausprägung und die Beziehungskonstellation entscheiden dann darüber, ob es in der Verbindung zweier Menschen zu vermehrten und wiederkehrenden Konflikten kommt.

Je stärker wir Facetten und Gefühle von uns verdrängen, umso distanzierter, unemphatischer und unversöhnlicher begegnen wir unseren Mitmenschen. Wenn wir jemanden verletzen oder kränken, begründen wir es nicht selten damit, dass wir nichts als die Wahrheit gesagt hätten. Die eigentlichen Hintergründe liefern aber unsere unbewussten Anteile, die unsere Gefühls-und Verhaltensmuster bestimmen.
Die Arbeit an den Ursprüngen, das heißt die Verarbeitung von erfahrenen seelischen Wunden, birgt dann die Chance in sich, in Beziehungen konstruktiv zu handeln und damit freudvolle, erfüllte Verbindungen zu schaffen.

Der Gewinn der Integration unverarbeiteter und abgespaltener Anteile:

Es fällt uns leichter, auch über unangenehme Dinge miteinander zu reden. Dabei geht es nicht darum, eigenen Frust abzulassen, sondern konstruktiv zu erklären, was genau uns stört und warum.

Wir schweigen gegenseitige Verletzungen nicht gekränkt tot, sondern klären belastete Situationen angemessen, sodass sie sich nicht aufstauen und summieren können.

Unser Einfühlungsvermögen wird erhöht und es fällt uns leichter, Perspektivwechsel in die Sichtweise des anderen einzunehmen. Denn unsere eigene Innenwelt entspricht nicht der Innenwelt unseres Gegenübers.

Wir nehmen es nicht persönlich. Wir bleiben bei uns. Der andere wird seine Gründe habe.

Wir versuchen Schwächen und Unzulänglichkeiten nicht wegzumachen oder zu ignorieren. Sondern wir entwickeln Verständnis und Mitgefühl für die Baustellen des anderen. Dadurch können wir unsere Mitmenschen wirklich annehmen und akzeptieren.

Wir versuchen, aufrichtige Kompromisse für beide Seiten zu finden, anstatt fauler Kompromisse für eine Seite.

Wir entwickeln Gewahrsein darüber, dass Probleme immer in beide Richtungen vorhanden sind.

Es fällt uns leichter, unsere Grenzen und gegebenenfalls unsere Konsequenzen ohne emotionale Ladung zu ziehen.